SCHWEINFURT / KITZINGEN. Ein digitales Kommunikationssystem für ein Mehrgenerationenhaus: Dies ist in einer Kooperation der Hochschule Würzburg-Schweinfurt mit dem Caritas Mehrgenerationenhaus St. Elisabeth in Kitzingen entstanden. Entwickelt hat es der FHWS-Student Vladyslav Beletskyy im Rahmen seiner Bachelorarbeit im Fach Wirtschaftsinformatik. Angehörige können so persönliche Inhalte mit Heimbewohnerinnen und Heimbewohnern teilen. Das seniorengerechte Open-Source-System soll die asynchrone soziale Kontaktpflege ermöglichen, bei der das Senden und Empfangen von Inhalten orts- und zeitunabhängig stattfindet.
Das Kick-Off-Treffen des Projektes fand im November mit Beteiligten des Mehrgenerationenhauses sowie der Hochschule statt. Anwesend waren Bianca Hahn, Heimleitung St. Elisabeth, Petra Dlugosch, Projektbegleitung, Tanja Kraev, Projektleitung Mehrgenerationenhaus, sowie Pflegedienstleiter Karsten Reschke und Haustechniker Daniel Einloft. Seitens der Hochschule nahmen die Initiatorin und Koordinatorin des Projekts, Anca Aicha (Service Learning), der Bachelorand Vladyslav Beletskyy sowie sein Betreuer Prof. Dr. Daniel Kulesz teil.
Entwicklung eines offenen, seniorengerechten Systems
Das Ziel des Projekts ist die Entwicklung eines offenen, seniorengerechten und datensparsamen Systems, das es Angehörigen ermöglicht, persönliche Inhalte in Form von Ton und Video zu teilen. Zusätzlich entsteht die Möglichkeit, dass Sozialarbeiterinnen und –arbeiter sowie das Pflegepersonal bei Menschen ohne Angehörige selbst Inhalte übermitteln. Am Ende des Projekts steht ein hochschulöffentlicher Abschlussvortrag zur Präsentation der Ergebnisse der Arbeit.
Pflegebedürftige Menschen in stationären Einrichtungen leiden häufig unter mangelnden sozialen Kontakten. Oft schenken Angehörige Tablets oder andere Smart Devices, scheitern dann allerdings an der Vermittlung der notwendigen Kompetenzen zur Bedienung dieser Geräte. Berufstätigen mit eigener Familie fällt es zusätzlich schwer, den Kontakt zu ihren pflegebedürftigen Angehörigen regelmäßig zu halten. Der unterschiedliche Lebensrhythmus erschwert hier das gemeinsame Leben sowie den Austausch. Die Übermittlung der Inhalte erfolgt asynchron über eine Cloud, Zugang erhalten die Pflegebedürftigen über die Nutzung umfunktionierter Tablets und Smart Watches.
Als technisches Backend dient die freie Kollaborationsplattform „nextcloud“ zur Ablage und Synchronisation der Inhalte. Neben dem Teilen der Inhalte wird ein Feedback-System integriert, der die Heimbewohnerinnen und Heimbewohner über den Erhalt neuer Inhalte benachrichtigen soll. Da neben dem sozialen Schwerpunkt der Fokus auf der Nachhaltigkeit des Endproduktes liegt, werden aufbereitete, ältere Tablets im Rahmen des Projekts verwendet.
„Dass Informatik und Soziale Arbeit Hand in Hand arbeiten, ist nicht nur eine Bestärkung für uns im Projekt Service Learning, sondern eine klare Bereicherung für unsere immer digitaler werdende Gesellschaft als Ganzes. Service Learning bietet hier die optimale Vernetzung von theoretischem Wissen und praktischer Realität“, sagt Anca Aicha, INTEGRA Projektkoordinatorin und Leiterin des Projekts Service Learning an der FHWS. Durch frühere Erfahrungen im Familien- und Bekanntenkreis hatte der Wirtschaftsinformatik-Student Vladyslav Beletskyy ein Interesse und die Motivation für das Thema entwickelt.
Zum Service Learning
Service Learning – oder auch „Community Based Learning“ genannt – bezeichnet das Lernen bzw. die Kompetenzentwicklung durch zivilgesellschaftliches Engagement. Im Unterschied zur allgemein ehrenamtlichen Tätigkeit („Community Service“) oder Praktika im gemeinnützigen Bereich ist Service Learning an der universitären Lehre verankert. Somit findet eine Verknüpfung der regulären, theoretischen Lehrveranstaltung (Learning) und der praktischen Anwendung des Gelernten im gemeinnützigen Bereich (Service) statt. Soziale Projekte verschmelzen mit unabhängigen Fachrichtungen wie Informatik, Maschinenbau etc. sowie fachliche mit sozialen Kompetenzen.