LANDKREIS WÜRZBURG. Immer wieder richteten die Teilnehmer skeptische Blicke auf den wolkenverhangenen Himmel – doch bis auf ein paar einzelne Tropfen sollte es trocken bleiben während des Radlerfrühlings 2022 im Landkreis Würzburg. Landrat Thomas Eberth lud am Samstag, 30. April 2022 alle fahrradbegeisterten Bürgerinnen und Bürger der Region zur traditionellen Landrats-Radtour ein. Und er freute sich zu Beginn besonders über die rege Teilnahme: Rund 200 Radbegeisterte waren seiner Einladung gefolgt und starteten im Giebelstädter Ortsteil Sulzdorf mit den besten Grüßen von Giebelstadts Bürgermeister Helmut Krämer auf den knapp 60 Kilometer langen Rundweg.
Die Jubiläumstour führte den langen Tross in den Süden des Landkreises Würzburg hinab ins Taubertal bis nach Röttingen und über den Gaubahnradweg und Giebelstadt wieder zurück nach Sulzdorf. Einige kräftige und zum Teil langgezogene Anstiege erforderten dabei eine gute Kondition. Zur Feier des Jubiläumsjahres „50 Jahre Landkreis Würzburg“ warteten jedoch gleich mehrere Besonderheiten auf die Teilnehmenden: Unter dem Motto „Trüffel und Wein“ verkosteten die Radlerinnen und Radler unter anderem den seltenen Pilz zusammen mit regionalen Weinen.
Fairtrade-Obst und ein Bürgermeister ohne Bürger
Während einer kurzen Verschnaufpause am Dorfplatz in Stalldorf, einem Ortsteil der Gemeinde Riedenheim, erwartete die Teilnehmenden noch am Vormittag eine kleine Erfrischung mit fair gehandelten Bananen und regionalen Äpfeln sowie ein geschichtlicher Exkurs: Riedenheims Bürgermeister Edwin Fries berichtete von den Besonderheiten Stalldorfs, einem der kleinsten Orte des Landkreises Würzburg.
Unweit von Stalldorf, bereits auf der Gemarkung Röttingen, ist zudem ein Kuriosum zu finden, das Seinesgleichen sucht: Das Gebiet um den Schönstheimer Wald wird noch immer durch einen eigenen Bürgermeister repräsentiert, hat aber keine Bürger mehr. Der amtierende Bürgermeister, Anton Engelhardt, stellte den Radlerinnen und Radlern sein Gemeindegebiet im Beisein von Röttingens Stadtoberhaupt Hermann Gabel vor.
Kulinarische Schmankerl und jüdische Geschichte
Anschließend setzte sich die Tour bis zur Taubertrüffel-Plantage von Familie Rudolf inmitten der Röttinger Weinberge fort. Die dort servierten Gourmet-Häppchen mit Trüffeln und einen Schluck Frankenwein mussten sich die Teilnehmenden jedoch erst hart verdienen: Der Anstieg durch die Röttinger Weinberge verlangte vor allem den wenigen Radlern alles ab, die die Strecke ohne unterstützenden E-Motor absolvierten – immerhin eine Handvoll. Endlich angekommen, wurden die Radlerinnen und Radler nicht nur mit der Verkostung der seltenen Pilze, sondern auch mit einer atemberaubenden Aussicht auf das Taubertal entschädigt.
Frisch gestärkt radelte der Tross wieder in Richtung Gaubahnradweg vorbei an Baldersheim, Aub und Gelchsheim. In Gaukönigshofen wurde die Gruppe von Bürgermeister Johannes Menth an der Gedenkstätte für jüdisches Leben empfangen. Für Interessierte wurden kleine Führungen durch die ehemalige Synagoge mit Schule und die Mikwe, das frühere rituelle Bad der jüdischen Bewohner, angeboten.
Als letzte Station kurz vor der Rückkehr nach Sulzdorf gab Familie Jungbluth Einblicke in die Bewirtschaftung ihres Trüffelparks. Denn nicht nur bei Röttingen, sondern auch zwischen den Giebelstädter Gemeindeteilen Ingolstadt und Sulzdorf werden inzwischen Trüffelbäume kultiviert. Zurück in Sulzdorf, wurde den Teilnehmenden bei Wildschweinbratwürsten und abermals Trüffel-Häppchen (diesmal von Familie Jungbluth) erstmals das Jubiläumsbier des Landkreises Würzburg gereicht. Dieses wurde in limitierter Menge in einer Kooperation der beiden Ochsenfurter Brauereien Oechsner und Kauzen speziell für die Jubiläums-Feierlichkeiten gebraut.
Teilnehmende im Alter zwischen anderthalb und 84 Jahren
Organisiert und geplant hatte die Tour gemeinsam mit dem Team des Landratsamts Altlandrat und Radenthusiast Eberhard Nuß, die Versorgung der Teilnehmenden übernahmen örtliche Vereine der jeweiligen Gemeinden. Für eine sichere Querung der Bundesstraße 19 bei Tiefenthal und Giebelstadt, aber auch zur Absicherung an vielen anderen Stellen sorgten Kräfte der Polizeiinspektion Würzburg-Land und des BRK-Kreisverbands auf Pedelecs und Quads.
Bekannte Gesichter gab es jedoch nicht nur auf Seiten der Helferinnen und Helfer: Der jüngste Teilnehmer war wie schon im vergangenen Jahr Johann Wolf aus Kist. Der kleine Wonneproppen mit seinen gerade einmal eineinhalb Jahren wurde abwechselnd von Mama Katharina und Papa Maximilian in einem kleinen Radanhänger chauffiert und genoss die Rundfahrt sichtlich. Der Genuss stand übrigens wohl für die meisten der Teilnehmenden im Vordergrund: Der Großteil der Teilnehmer nahm es mit der anspruchsvollen Strecke mithilfe ihrer Pedelecs problemlos auf. Nur eine kleine Gruppe von ohnehin geübten Radlerinnen und Radlern fuhr ohne elektrische Hilfe.
Eine Lektion in Fitness erteilten allen Anwesenden allerdings die beiden ältesten Teilnehmer der Jubiläums-Radltour: Manfred Pilz aus Würzburg und Roland Reichert aus Waldbüttelbrunn, beide 84 Jahre alt, und hielten die Geschwindigkeit des Trosses über die gesamte Strecke locker mit – Roland Reichert sogar ohne E-Motor am Rad.
50 Jahre Landkreis Würzburg und 25 Jahre Partnerschaft mit Israel
Landrat Thomas Eberth freute sich sehr, dass der Radlerfrühling gerade zum diesjährigen Landkreisjubiläum wieder in gewohnter Weise stattfinden konnte. „Gemeinsam haben wir an diesem Tag vieles gesehen und genossen, was der Landkreis Würzburg zu bieten hat“, so der Landkreischef. „Neben der wunderschönen Landschaft bietet unsere Region auch eine Vielzahl von Gaumenfreuden und eine bewegende Geschichte.“
Der Besuch der Jüdischen Gedenkstätte in Gaukönigshofen sei zudem als Auftakt für eine weitere Feierlichkeit zu verstehen: Mit dem 50-jährigen Bestehen des Landkreises Würzburg in seiner heutigen Form feiere man nämlich in 2022 auch das 25. Jahr der Partnerschaft mit dem Landkreis Mateh Yehuda in Israel. Ende Mai wird eine Delegation des Landkreises Würzburg nach Israel reisen, um den Partnerschaftsvertrag feierlich zu erneuern.