SCHWEINFURT – Die Meldung kam…. Unerwartet! Ja, anders kann man es nicht sagen. Um 12 Uhr noch hielt Tobias Strobl ganz normal wie immer die Spieltags-PK online ab. Exakt zwei Stunden später vermeldete der FC 05 die sofortige Trennung vom Trainer.
Dazwischen: Informierte der aus dem Ausland eben erst zurück gekehrte Schnüdel-Sportdirektor Robert Hettich gegen 13 Uhr telefonisch den 34 Jahre alten Coach. Die Presseabteilung, die Strobl zuvor ins Gespräch mit den Medienvertretern schickte, muss dann binnen einer Stunde eine komplette Pressemeldung mit Stimmen von Hettich und Vorstand Markus Wolf erschaffen haben. Und Co-Trainer Jan Gernlein muss seine Beritschaft erklärt haben zu übernehmen. Das alles binnen 60 Minuten…?
„Das ist eine Situation, wie ich sie noch nie im Leben hatte…“, reagierte der völlig überraschte Coach auf Nachfrage. Um 14.30 Uhr verabschiedete sich der aus Ingolstadt stammende, angehende Fußballlehrer in der Kabine von der Mannschaft. Vorbei seine Zeit bei den Schnüdeln nach ziemlich genau zweieinhalb Jahren.
Was kann man Strobl vorwerfen? Sicherlich nicht den verpassten Aufstieg letzte Saison. Als er im Spätherbst 2019 kam, ging es erst heftig aufwärts. Dann kam die lange Corona-Pause, marschierte der FC 05 forsch durch die Meisterrunde, wäre ohne dem Fehler von Keeper Luis Zwick im Heimspiel und ohne die katastrophale Chancenauswertung auswärts im Juni 2021 verdient in die 3. Liga aufgestiegen. Es ist nur zu vermuten, nicht aber beweisbar, dass die Schnüdel dort eine bessere Rolle gespielt hätten als der TSV Havelse aktuell.
Und diese, die laufende Saison? 59:15 Tore und fast 2,55 Punkte und vier Treffer im Schnitt zuhause sprechen für hochattraktiven Fußball. Wäre da nicht diese – verflixte! – Auswärtsbilanz. Klar, das 3:0 beim souveränen Tabellenführer Bayreuth zeigte, was möglich wäre. Doch ansonsten holten die Schweinfurter aus 13 Partien in der Fremde 14 Punkte, gewannen elf dieser Spiele nicht. Während Bayreuth durch schon jetzt 40 Zähler auswärts weit enteilt ist.
Und: Als es richtig um was ging, da bedeuteten das 3:6 gegen Bayern München 2 und das 1:4 im Pokal gegen die Würzburger Kickers auch daheim böse Klatschen. Trotz jeweils einer grandiosen Halbzeit mit tollem Fußball. Anscheinend traute Markus Wolf seinem Trainer es in der Summe nicht zu, a.) die Auswärtsschwäche in den Griff zu bekommen und b.) die Mannschaft in den entscheidenden Matches zum Siegen zu coachen.
Und dann ist da der – scheinbar schon länger anhaltende – Konflikt in Sachen Blick auf die neue Saison: Strobl wollte auch diejenigen Spieler weiter einsetzen, die den FC 05 verlassen werden. Wolf und wohl auch der sportliche Leiter Robert Hettich hätten lieber den Fokus auf diejenigen gerichtet, die bleiben werden. Um ihnen mehr Praxis zu verschaffen, sie zu stärken. Namentlich wohl Jungs wie Amar Suljic, Bennet Schmidt, Jannik Schuster, Marco Zietsch oder Tim Kraus, die nicht immer von Anfang an spielten, die aber eigentlich stets dabei waren im Kader.
„Vielleicht bin ich diesbezüglich noch ein Fußball-Romantiker“, sagt Strobl zu dem Thema und spricht von Dankbarkeit für das Geleistete und davon, dass er als Coach immer so aufstellen möchte, wie es Trainings- oder Spielleistungen verdienen. Und er schielte bis zuletzt auf den bestmöglichen Erfolg: „Ein dritter Platz in der Regionalliga könnte ja so einer sein!“
Kann Strobl vielleicht etwas dazu, dass Leistungsträger wie Nico Rinderknecht und Luis Zwick (oder der jetzt in der Verantwortung stehende Co Jan Gernlein) wohl sicher gehen werden? Und das Martin Thomann noch zögert, ob er verlängern möchte? Eher unwahrscheinlich, denn das Verhältnis vom Kader zum Übungsleiter soll durchweg in Ordnung gewesen sein.
Passte Strobl es nicht, dass bislang mit Julius Landeck und Severo Sturm als Zugänge nur Spieler aus der Umgebung und aus der Bayernliga verpflichtet wurden? „Es liegt ja am Verein, seine Ausrichtung in der Zukunft zu klären“, sagt der 34-Jährige, der bewusst davon spricht, dass ein regionalerer Kader mehr Identifikation schafft und er das gerne mitgetragen hätte.
Oder lag´s an seinem Engagement als Spieler für Landesligist DJK Schwebenried/ Schwemmelsbach und auch daran, dass Strobl noch kurz nach 12 Uhr am Freitag gegenüber den Medien davon sprach, am Samstag auf alle Fälle beim Spiel gegen die FTS vor Ort zu sein? Hätte es der Verein lieber gesehen, wenn er in der Regionalliga unterwegs ist, sich die kommenden Gegner anschaut? „Nein, das kann ich vom Tisch wischen. Da kam nie etwas von den Verantwortlichen!“ Seine Vorbereitung auf die eigenen Spiele und auch die Nachbereitungen hätte der Verein stets für gut befunden.
„Nun muss ich erstmal mit meiner Frau reden und das sacken lassen“, sagte Tobias Strobl gegen 15 Uhr, als er zuhause ankam. Bis Sommer will die Familie auf alle Fälle in Schweinfurt wohnen bleiben, „weil wir uns hier sehr wohl fühlen“. Aktuell ist bei ihm die Enttäuschung natürlich riesengroß. „Aber das gehört eben zum Fußballgeschäft, wenn man seine Ziele verpasst“, weiß er jedoch auch.
Was bleibt aus den zweieinhalb Jahren Tobias Strobl beim FC 05? Sportlich war es alles andere als eine schlechte Zeit unter widrigen Umständen. Und menschlich? Wird keiner auch nur ein schlechtes Wort verlieren und werden alle Pressevertreter auf alle Fälle dem 34-Jährigen hinterher trauern. Ein miteinander Arbeiten kann besser eigentlich nicht sein.
Wer könnte ab Sommer Nachfolger werden? Im Netz kursierte schnell der Name Daniel Bierowka, einst bei den Münchner Löwen, nun auf der Suche nach einer neuen Aufgabe. Und da Tobias Strobl gerade seine DFB-Trainerlizenz erwirbt, lohnt sich vielleicht ein Blick auf die Absolventen der letzten Jahre. Miroslav Klose wird wohl eher kein Interesse an Schweinfurt 05 haben. Tobias Schweinsteiger wäre ein interessanter Name, aber auch Jan Zimmermann, der nach dem Aufstieg mit Havelse zu Hannover 96 wechselte, in der 2. Bundesliuga aber entlassen wurde.
Oder wäre vielleicht doch eine regionale Lösung sinnvoll, jetzt, wo der FC 05 verstärkt wieder auf regionale Spieler setzen will? Von Aubstadts Victor Kleinhenz weiß man genauso wie von Großbardorfs Andreas Brendler, dass sie glühend heiße Schnüdel-Fans sind und irgendwann mal bei ihrem Lieblingsverein arbeiten wollen. Beide haben in etwa das Alter von Tobias Strobl. Doch dann würde sich die Frage stellen, ob der Verein denn unbedingt einen Sportdirektor aus München braucht oder ob den Job nicht nebenbei ein Hausmeister aus Bad Neustadt erledigen könnte. Insider wissen, wie dieser Hinweis gemeint ist…
Michael Horling