LANDKREIS WÜRZBURG. Ob Sehen, Hören, Fühlen, Riechen oder Schmecken – Menschen nehmen die Umwelt mit verschiedenen Sinnen wahr. Tatsächlich gilt der Sehsinn als der für unsere bewusste Wahrnehmung wichtigste Sinn. Doch was ist, wenn dieser Sinn stark eingeschränkt ist oder nicht (mehr) funktioniert?
Dann kommt es auf Unterstützung an, um den Alltag zu meistern. Seit über 160 Jahren kümmert sich die Blindeninstitutsstiftung um blinde und sehbehinderte Menschen, um deren Bildung, Beratung und Unterstützung, Förderung, Wohnen, Therapie, kurz: Um alles, was die betroffenen Menschen im Leben bewegt.
Landrat Thomas Eberth konnte sich kürzlich ein Bild von der umfassenden und wichtigen Arbeit des Blindeninstituts machen. „Auch für Betroffene im Landkreis Würzburg ist das Blindeninstitut im Zentrum der Region eine wichtige Anlaufstelle. Die Einrichtung ist unverzichtbar für die Bildung, Beratung und Begleitung betroffener Menschen“, betonte Eberth.
Unterstützung von der frühen Kindheit bis zur Eingliederung ins Arbeitsleben
Von früher Kindheit bis zum Übergang ins Berufsleben und der Eingliederung in das Arbeitsleben finden hier Menschen rund um das Thema „Sehen“ und „Blindheit“ Unterstützung und Hilfestellung. Die speziellen Angebote erfolgen durch Frühförderung, Vorschule und Schule, durch Mobile Dienste, in Tagesstätten, Internat oder Ganzjahreswohnen, durch spezielle therapeutische Angebote und für die Erwachsenen in der Bentheim Werkstatt GmbH, der Förderstätte und dem Bereich Wohnen.
Die Blindeninstitutsstiftung als Träger unterstützt und berät mit rund 2500 Mitarbeitenden rund 5000 Menschen an den neun Standorten in Bayern und Thüringen, erklärte Vorstand Dr. Marco Bambach. Und der Bedarf wächst immer weiter, die Nachfrage steigt. Für die Stiftung und das Blindeninstitut Würzburg ist das eine Bestätigung für die wertvolle Arbeit am Menschen, dennoch wird die Zukunft herausfordernd. Denn auch in diesem Bereich ist es sehr schwierig geworden, Fachkräfte zu finden. „Das bereitet uns wirklich große Sorgen“, bestätigte auch Institutsleiter Dr. Thomas Heckner.
Offene Schule für optimale Bildungskonzepte
Wie vielfältig das Unterstützungsangebot des Blindeninstituts ist, zeigte der Besuch der Graf-zu-Bentheim-Schule in der Ohmstraße in Würzburg-Lengfeld. Digitale Klassenzimmer, Lehrküchen, Ergotherapie-Räume, Therapiebad und vieles mehr: Das moderne Schulgebäude bietet für die zu unterrichtenden Kinder alles, was es zu einem guten und besonderen Bildungsangebot braucht. „Wir sind eine Schule mit dem Profil Inklusion, haben auch Offene Klassen, und leisten so einen wesentlichen Beitrag zu mehr Verständnis, mehr Offenheit und mehr Toleranz; die Kinder und Jugendlichen erleben Vielfalt als Chance und Basis für Teilhabe und Zusammenleben in der Gesellschaft“, erklärte Sabine Tracht, verantwortlich für die Medien- und Öffentlichkeitsarbeit, bei der Führung durch das Gebäude. Auch die Spielplätze auf dem Gelände des Instituts stehen Bürgerinnen und Bürgern offen. Ziel ist es, für die Inklusion im Alltag zu sorgen und Betroffene und Nicht-Betroffene spielerisch zusammen zu bringen.
Was, wenn der Sehsinn plötzlich verschwunden ist?
Eine Besonderheit in der Graf-zu-Bentheim-Schule ist die Dunkelwelt. In verschiedenen Abschnitten sind Alltagszenarien aufgebaut: beispielsweise ein Ein-Zimmer-Apartment, eine Bushaltestelle oder ein Biergarten. Jeder, der den Raum betritt, läuft diese Abschnitte ab – jedoch in kompletter Dunkelheit. Auf diese Weise konnte auch Landrat Thomas Eberth miterleben, wie sehr sich die Wahrnehmung verändert, wenn der eigentlich gewohnte Sehsinn auf einmal nicht mehr zur Verfügung steht. „Die Umwelt im Dunkeln nur durch Tasten, Hören und Riechen zu erfahren, ist eine spannende, aber auch sehr bedrückende Erfahrung. Ohne Hilfe ist man komplett hilflos“, beschrieb Landrat Thomas Eberth den Gang durch den Dunkelraum.
Gedenkort als emotionaler Abschluss des Besuches
Auch Wohnangebote sind eine wichtige Säule der Institutsarbeit. Mehr als 570 Menschen nutzen die Angebote. Rund 50 Wohngruppen für Kinder, Jugendliche und Erwachsene gibt es im Blindeninstitut Würzburg. Eine davon durfte Landrat Eberth besuchen und war beeindruckt und emotional berührt, wie liebevoll sich die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter um die Kinder kümmern. Die Arbeit ist schwer und wird nicht einfacher, gerade in Zeiten des Fachkräftemangels. „Sie haben meine Hochachtung und meinen Dank“, so Eberth zu einer Pädagogin in der Wohngruppe. Emotional war auch der Besuch des Gedenkortes. Dort erzählen Kunstwerke im Klanggarten von Leben und Tod derjenigen, die im Blindeninstitut zu Hause waren.
„Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter leisten hier am Institut Vorbildliches, um dem hohen Anspruch für eine faire Gesellschaft gerecht zu werden. Davon bin ich sehr beeindruckt und bedanke mich von ganzem Herzen“, betonte Landrat Thomas Eberth zum Abschluss seines Besuches.