SCHWEINFURT – Der Zustand von Gebäude 210 in den ehemaligen Ledward Barracks? Nun anscheinend halbwegs ordentlich! Aber wie war es, als die ersten Flüchtlinge aus der Ukraine dort eingezogen sind? Dazu gibt es noch immer gravierende unterschiedliche Ansichten. Und es rappelte deshalb nun wieder im Schweinfurter Stadtrat.
Unser Portal berichtete von den Bildern Ehrenamtlicher mit ekelhaften Zuständen mit unter anderem verkoteten Steckdosen, die nun zu Fragen von unter anderem Dr. Ulrike Schneider (Zukunft./ ÖDP) an die Stadt führten. Die wollte Ordnungsreferent Jan von Lackum allesamt beantworten.
Zum Zustand des Gebäudes der letzten Jahre konnte er allerdings nichts sagen. „Die Fragen müsste man der Regierung von Unterfranken stellen. Wir haben vermietet und keinen Einfluss darauf!“ Asylsuchende waren dort untergebracht, die danach in die Conn-Barracks kamen. Die Gebäude in den Ledward-Barracks wurden zurückgegeben ohne Sanierung, was ein wirtschaftlicher Umgang mit Steuermitteln gewesen sei, denn die Häuser sollten ja größtenteils abgerissen werden.
Warum es keine Endreinigung gab? Die Stadt sei nicht ein und ausgegangen, die Reinigungen nun aber wären natürlich anfangs nicht so zufriedenstellend oder eben gar nicht gemacht worden. Aber auch jetzt wären weit über 90 Prozent der aktuellen Nutzer – nun aus der Ukraine – nicht einverstanden, wollen selber putzen.
Ab wann klar war, dass Flüchtlinge aus der Ukraine kommen? „Ab Kriegsausbruch musste man damit rechnen“, gibt von Lackum zu. Am 17. März wurden die ersten der Einrichtung zugewiesen. Sachspendenaktion gab es schon am 11. und 12. März. An dem Tag müssen für den Ordnungsreferenten auch die Lichtbildaufnahmen entstanden sein, die für die große Diskussion sorgten. Für ihn ist die zeitliche Abfolge völlig problemlos. Und die Flüchtlinge kamen in die Einrichtung, als bereits gereinigt war. Gereinigt von anderen Personen, denn der ersten Firma kündigte die Stadt. Das Unternehmen habe sich bislang nicht getraut, eine Rechnung zu stellen….
So weit, so halbwegs gut. Doch dann kam Dr. Ulrike Schneider zu Wort und versicherte, die Aufnahmen seien entstanden, als die Menschen aus der Ukraine schon eingezogen waren. Ehrenamtliche hätten den katastrophalen Zustand bereits vorher mitgeteilt. Für die Stadträtin habe der OB dann für einen Zeitungsbericht und ein schönes Foto zur Verfügung gestanden. Ehrenamtliche Helfer kamen nicht auf das Bild. „Für sie ist alles hergerichtet gewesen. Aber die Fakten habe ich“, drückte Dr. Schneider die unterschiedlichen Ansichten aus. Und erntete ein dreckiges Lachen von Remelé.
Dann meldete sich kurz dessen CSU-Parteigenosse Klaus Rehberger, der ja eine Woche zuvor von gefälschten Fotoaufnahmen sprach. Und der den Ehrenamtlichen einen Hausfriedensbruch vorwarf.
Um schnell wieder Dr. Schneider deutliche Worte finden zu lassen. Sie betonte, die Stadt an sich nicht angreifen, sondern nur verhindern zu wollen, dass sich das Erlebte wiederholen kann. „Wie sieht das aus im Anker-Zentrum in den Conn-Barracks? In so einem Dreck lässt man niemanden leben!“ Die Stadträtin erwartet von der Regierung von Unterfranken, dass man dort hinter Niederwerrn auf der Gemarkung von Geldersheim zumindest die Gemeinschaftsunterkünfte reinigt, wenn das schon in Schweinfurt mit den ekelhaften Zuständen wohl nicht klappte. Hilfesuchenden Menschen müsse man doch lebenswürdige Bedingungen bieten.
Schneider wurde deutlich: „Die Öffentliche Hand hat die Immobilien runter ranzen lassen!“ In den Ledward Barrack käme einem der Schimmel entgegen, auch in Gebäude 210. Dort standen die Fenster auch im Winter offen. Zahlreiche ihrer Anfragen an die Regierung von Unterfranken blieben unbeantwortet. Wieviele von Steuergeldern bezahlte Heizkosten da über Jahre einfach nach draußen verpufften, ohne Kontrolle der Menschen, die zivilisierte Lebensweisen nicht teilen wollen… das steht im Raum. Schneider erwartet von der Stadt Schweinfurt eine Meldung über die Vorkommnisse an die Regierung von Unterfranken. Und sie bemerkte: „Zur Rücknahme eines Gebäudes gehört auch der Vermieter!“
Am 18. März habe sie frisches Obst gebracht für die angekommenen Flüchtlinge. Integrationsbeauftragter Matthias Kress machte nochmals klar: „Die Menschen brauchen keinen Kuchen oder Obst, sondern Ruhe! Und Ordnungsreferent Jan von Lackum weiß: „Mängel passieren bei jeder handwerklichen Leistung!“ Die Regierung habe den Zustand der Immobilien gekannt. Überwachen aber könne man die Bewohner nicht. Auch aus Gründen des Datenschutzes.
Ayfer Rethschulte von den stets mit der CSU abstimmenden Grünen habe sich am 13.03. mit Matthias Kress vor Ort unterhalten. Der habe trotz der schrecklichen Umstände zu den Ehrenamtlichen gesagt, dass niemand nun freiwillig putzen müsse. Für Rethschulte ist es „befremdlich, was ich in der Presse lesen muss. Ich schäme mich dafür, was das für ein Bild auf unsere Stadt wirft.“ Wohlgemerkt: Sie schämt sich für die Berichterstattung über versch(l)issene Steckdosen oder Schubladen und lebendigen Frischkäse. Nicht über die Zustände an sich.
Und dann kam – als wenn es keine Steigerung mehr geben könne – Stefan Funk. Der Fraktionsvorsitzende der CSU dachte, „dass das Thema ad akta gelegt“ wurde. Doch das neuerliche Aufgreifen im Stadtrat, noch dazu nach 17 Uhr und wohl nach seiner Abendbrot-Zeit, sei „eigene Public Relation“ von Ulrike Schneider und ein „Finger in Wunde Legen und noch Salz drauf“.
Er kritisierte den Ehrenamtlichen Sebastian Besler als „Sprecher des Ehrenamts“, der mit seiner Kritik „dem Ehrenamt nicht gerecht“ wäre. Dagegen mache die Führungsriege der Stadt Schweinfurt – wohlgemerkt: alles CSU´ler – „einen tollen Job. Flüchtlinge wollen nicht in der Zeitung lesen, wie es ausgeschaut hat“, schimpfte Funk und fing unkontrolliert eskalierend das Schreien an, sprach laut von „billiger Effekthascherei“, bezeichnete Schneider als „Selbstdarstellerin“, mit der er sich ständig auseinanderzusetzen, obwohl er weit Wichtigeres für die Stadt zu tun habe, warf ihr vor, ihm die Zeit zu stehlen und forderte vehement Zugangskontrollen in dem Ledward Barracks, „denn wir können nicht jeden reinlassen, der seine Bilder dort macht…“
Danach beschlossen die Stadträtinnen und Stadträte angesichts des nahenden Feierabend ein Ende der Diskussion, um später nochmals eine unangenehme Frage von Dr. Ulrike Schneider hören zu müssen: Das neue Parkhaus in der Mainberger Straße stehe ja leer, was nun noch getoppt wird, obwohl ich noch immer hoffe, dass es ein Aprilscherz ist“. Bei Starkregen müsse man Erdgeschoss und Untergeschoss räumen, ist dort nun zu lesen.
Für die städtische Finanzreferentin und Schweinfurter Pressesprecherin Dr. Barbara Keck, als Norddeutsche Sturmfluten gewohnt, bedeutet der Hinweis lediglich Haftungsaspekte. Denn bei extremsten Wetterlagen oder Jahrhundertereignissen sei eine Überflutung denkbar. Obwohl höchst unwahrscheinlich. Man müsse, so Keck, mal darüber nachdenken, ob in Schweinfurt „die Kirche noch im Dorf ist“. In einer Stadt, in der es aktuell neben einer Frischkäse-Krise auch noch eine Parkkrise gebe.