SCHWEINFURT / MÜHLHEIM – Die Auseinandersetzung zwischen der Belegschaft und der Geschäftsführung wird zunehmend schärfer. Die SKF Konzernleitung hält am geplanten Verkauf vom Werk Mühlheim fest. Die Belegschaft fordert weiterhin den Verbleib im SKF Konzern.
Die Belegschaft ist fassungslos, angesichts des Umgangs mit ihren Arbeitnehmerrechten. Am 31.03.2022 wurde in einer Betriebsversammlung deutlich, dass es keinen offenen Prozess geben soll.
Seit November hieß es, seitens der Geschäftsführung, dass trotz ordentlichem Gewinn das Produktportfolio abseits der strategischen Ausrichtung von SKF stehe. Man suche gemeinsam mit den Mitarbeitern in einem offenen Prozess nach einer zukunftsgerichteten Lösung, wobei auch ein Verkauf eine mögliche Option sei. Mit viel Hoffnung für eine gemeinsame Lösung innerhalb des SKF Konzerns setzten sich Mitarbeiter des Standortes in Bewegung und zeigten alternative Handlungsoptionen auf.
Das Verhandlungsgremium des Gesamtbetriebsrates, das aus Mitgliedern des Mühlheimer und des Schweinfurter Betriebsrates besteht, der Wirtschaftsausschuss und die Berater wurden mit den angeforderten konkreten Informationen nur schleppend und unzureichend versorgt. Verhandlungen fanden nicht statt. Einige Mitarbeiter hatten sich tatsächlich angesichts der ungewissen Zukunft schon anderweitig verlässlichere Arbeitgeber gesucht und sind gegangen. Viele Beschäftigte haben sich auf die Zusage verlassen, dass miteinander ein guter Weg in die Zukunft gefunden wird.
Jetzt hat der Konzern angekündigt, dass der Verkauf ohne Prüfung von Optionen vorangetrieben wird. Im ersten Schritt plant man die Ausgründung in eine eigene GmbH unter dem Dach der SKF, um danach den Verkauf an einen Investor voranzutreiben.
Nach monatelangen hoffen und bangen in der Belegschaft, brachte diese Nachricht das Fass zum überlaufen. „Mühlheim bleibt SKF“ und „Wir lassen uns nicht Verkaufen“ waren die klaren Aussagen der betroffenen Beschäftigten gegenüber der Geschäftsführung, die von Herrn Arbeitsdirektor Harald Speck und dem Leiter Finanzen, Rechnungswesen und Steuern, Thomas Burkhardt vertreten wurde.
Stephan Krämer, Betriebsratsvorsitzender Mühlheim, forderte: „Wir wollen ein Teil der SKF Familie bleiben. Hören Sie auf, die Beteiligungsrechte der Mitarbeiter zu missachten und führen Sie endlich den versprochenen offenen Prozess mit uns.“
Auch berichtete Bürgermeister Jörg Kaltenbach von dem offenen Brief im Namen von Gemeinde- und Ortschaftsrat und erinnerte daran, dass man sich schon im Jahr 2000 „nach erheblichen Turbulenzen und der drohenden Schließung“ dazu entschlossen habe, am Standort Mühlheim festzuhalten. Er erneuerte seinen Appell: „Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter haben eine zukunftsfähige Neuausrichtung des Standorts Mühlheim verdient.“
Diese Appelle prallten jedoch ungehört an der Geschäftsführung ab.
Thomas Maile, Betriebsseelsorger, gab seinem Erschrecken darüber Ausdruck, mit welcher Kaltherzigkeit die Konzernleitung, mit ihrer menschenverachtenden Haltung, mit den Beschäftigten und ihren Familien umgeht und skizzierte das hohe Risiko, wie diese Wut und der Frust dann auch in die Familien wirkt.
Mit klaren Worten machte Norbert Völkl, Gesamtbetriebsratsvorsitzender, deutlich, dass nun keiner mehr erwarten kann, dass in Mühlheim und auch nicht an den anderen Standorten der SKF in Deutschland, die Arbeit wie gewohnt mit extrem hohem Einsatz und Flexibilität der Belegschaften einfach so weitergehen kann. „Hier kracht es jetzt.“
Dies wurde von der Belegschaft mit enormer Zustimmung laut gewürdigt. Alle stehen zu der Position „Mühlheim bleibt SKF“ und den von den IG Metall Mitgliedern aufgestellten Forderungen, die Dorothea Ertl, IG Metall Gewerkschaftssekretärin, Albstadt, darlegte.
Die deutliche Aufforderung: „Werfen Sie Ihre Verkaufsabsichten endlich über Bord! Wir erwarten eine klare Zusage für sichere und gute Arbeitsplätze und fordern Beteiligung!“
Schon seit einiger Zeit hat die IG Metall Konzepte und tarifliche Bausteine entwickelt, um die Herausforderung der Transformation zu gestalten. Hier muss sich SKF nun vorwerfen lassen, diese Herausforderung nicht anzunehmen und sich auch der Verantwortung eines Unternehmens für seine Mitarbeiter zu entziehen.
Für die nächsten Wochen wird es weiter unruhig in Mühlheim und darüber hinaus.
Und auch SKF berichtet:
SKF möchte Werk Mühlheim veräußern
Der schwedische Wälzlagerkonzern SKF wird sich von seinem Produktionsstandort Mühlheim a. d. Donau trennen. Im Rahmen einer Betriebsversammlung am Donnerstag, 31. März, informierte die Geschäftsführung der deutschen SKF GmbH die rund 130 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter über das weitere Vorgehen.
Die Zukunft des Werks Mühlheim liegt außerhalb von SKF, da das dort gefertigte Produktsortiment nicht zur strategischen Ausrichtung der SKF Gruppe passt. Diese Grundsatzentscheidung hat das Management der Automotive-Sparte gemeinsam mit der Konzernspitze getroffen. Deshalb konzentriere man sich jetzt auf die Suche nach einem externen strategischen Partner, der das Potenzial des Werkes entwickeln und diesem eine langfristige Zukunftsperspektive geben könne.
Das Werk Mühlheim ist Teil der deutschen SKF GmbH. Diese strebt zur Vorbereitung des Verkaufs an, den Standort in eine noch zu gründende, eigene Gesellschaft zu überführen. Es ist geplant, diese Gesellschaft als Ganzes an einen Investor mit einem entsprechenden Zukunftskonzept für den Standort zu veräußern. Vorgesehen sind die Gründung der Gesellschaft und der Betriebsübergang bis Sommer dieses Jahres. Der Verkauf soll bis zum Jahresende vollzogen werden.
SKF strebt an, unangefochtener Marktführer im Wälzlagergeschäft zu sein. Dazu bieten wir Lösungen an, die Reibung und CO2-Emissionen reduzieren und gleichzeitig Maschinenlaufzeit und -leistung erhöhen. Zu unseren Produkten und Dienstleistungen rund um die rotierende Welle zählen Wälzlager, Dichtungen, Schmierung, künstliche Intelligenz und drahtlose Zustandsüberwachung. SKF ist in mehr als 130 Ländern vertreten und hat weltweit mehr als rund 17.000 Vertriebsstandorte.
Der Jahresumsatz 2021 betrug 81.732 Mio. SEK (ca. 7,7 Mrd. Euro), die Anzahl der Mitarbeiter ca. 41.000. www.skf.com.
In Deutschland zählt SKF rund 6.000 Beschäftigte. Davon arbeiten ca. 4.000 in Schweinfurt, Hauptsitz der SKF GmbH und größter Produktionsstandort der SKF Gruppe.
www.skf.de
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